Freude – Predigt vom Gottesdienst am 20.06.2021

Wochenspruch: „Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.“ | Lk 19,10

Lukas 15, 1-10 1Es nahten sich ihm aber alle Zöllner und Sünder, um ihn zu hören. 2Und die Pharisäer und die Schriftgelehrten murrten und sprachen: Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen.

[Vom verlorenen Schaf] 3Er sagte aber zu ihnen dies Gleichnis und sprach: 4Welcher Mensch ist unter euch, der hundert Schafe hat und, wenn er eines von ihnen verliert, nicht die neunundneunzig in der Wüste lässt und geht dem verlorenen nach, bis er’s findet? 5Und wenn er’s gefunden hat, so legt er sich’s auf die Schultern voller Freude. 6Und wenn er heimkommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn und spricht zu ihnen: Freut euch mit mir; denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war. 7Ich sage euch: So wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.

[Vom verlorenen Groschen] 8Oder welche Frau, die zehn Silbergroschen hat und einen davon verliert, zündet nicht ein Licht an und kehrt das Haus und sucht mit Fleiß, bis sie ihn findet? 9Und wenn sie ihn gefunden hat, ruft sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen und spricht: Freut euch mit mir; denn ich habe meinen Silbergroschen gefunden, den ich verloren hatte. 10So, sage ich euch, ist Freude vor den Engeln Gottes über einen Sünder, der Buße tut.

Vielleicht fällt manchen von uns sofort etwas ein, wenn man sie fragt: Wann hast Du Dich das letzte Mal gefreut? Und manche von uns müssen vielleicht lange überlegen, wann das wohl gewesen ist?

In unserem heutigen Predigttext geht es genau um dieses Thema, um die Freude. Aber eigentlich, um die Pointe der Predigt eigentlich schon vorwegzunehmen, geht es ja beim christlichen Glauben genau um das – um Freude! Evangelium heißt ja gute Nachricht, frohe Botschaft.

„Freude, sich freuen“. Im Deutschen ist das eigentlich eine etwas seltsame Formulierung: sich freuen. Ich freue mich. Freust Du dich? Das klingt fast so, als ob man das selbst macht sich freuen, sich selbst erfreuen, sich selbst eine Freude machen. Aber geht das so einfach? Geht das überhaupt?

Sich freuen – dadurch ist wohl vielmehr ausgedrückt, dass Freude immer etwas mit uns selbst, als Mensch, als Person, im Ganzen zu tun hat. Wenn wir uns freuen, dann sind wir tief und ganz berührt mit all dem, was zu uns gehört.
Das ist nicht wie beim Schmerz. Wo uns der Kopf oder der Fuß weh tun kann.
Bei der Freude freut sich nicht nur unser Kopf oder unser Fuß, sondern wir als Menschen werden in Freude versetzt.

Und obwohl wir das so sagen sich freuen, ist die Freude etwas, das nicht aus uns selbst kommt. Wir wissen es gibt auch Situation und Zeiten, in denen wir scheinbar ebenso ganz von Trauer oder Einsamkeit oder Schuld belegt und besetzt sind, dass keine Freude in uns zu finden ist.
Im Ernstfall, wenn wir sie am nötigsten bräuchten, dann will sie sich partout nicht einstellen. Alle Anstrengung sich nun endlich und doch und trotzdem zu freuen, wir wissen es, sind zum Scheitern verurteilt.
Freude ist nicht herstellbar, nicht planbar. Ich weiß gar nicht, ob man Freude trainieren kann? Ich denke eher nicht.
Wir werden von der Freude überrascht. Die Freude kommt oft unerwartet und plötzlich. Die Freude sucht uns heim, klopft einfach so an die Tür, oder nicht einmal, sondern überfällt uns. In diese Sinne ist Freude wohl eher ein Geschenk als eine Fähigkeit, Kompetenz oder Leistung. Sie ist eine Gabe, eine Überraschung. Und vielleicht gehört auch das zur Freude, dass sie nie selbstverständlich ist. Über das Selbstverständliche freut man sich nicht. Das nimmt man einfach so oder bemerkt es gar nicht. Aber Freude, die merkt man – ganz sicher!

Die beiden Gleichnisse, die Jesus hier im Lukasevangelium den Menschen erzählt, handeln auch von der Freude. Einer Freude, die im Himmel ist!
Was wäre, wenn das eigentlich Synonyme wären: Himmel und Freude. Vielleicht würden wir ein wenig mehr verstehen, was Himmel bedeutet, ein Ort, an dem Freude ist. Ob das vielleicht schon ein wichtiger Gedanke ist, dass Freude etwas Himmlisches sein könnte, ja sogar etwas göttliches und deshalb auch etwas menschliches.

Aber worüber freut sich der Himmel eigentlich? Was ist der Inhalt der Freude?

7Ich sage euch: So wird […] Freude im Himmel sein über einen Sünder, der [umkehrt], der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.

Was, haben wir uns verhört? Freude über die Sünder, über die Verlorenen und Verirrten? Die Gescheiterten, über die Versager und Verlierer? Ich glaube wir können gut verstehen, warum die Pharisäer und Schriftgelehrten, die Frommen, Gerechten, Ehrwürdigen, Erfolgreichen und Gebildeten murren. Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen, empören sie sich. Man kann ihre Empörung doch auch verstehen. Das, was Jesus tut, sieht doch so aus, als ob er nicht weiß, was er tut. Legitimiert er durch sein Tun, nicht die Sünde. Als ob er Moral und Gerechtigkeit, Recht und Religion nicht so ernst nimmt. Man muss doch zwischen Richtig und Falsch, Gut und Böse unterscheiden!
Wenn dieser im Namen Gottes spricht und handelt, dann bitteschön richtig. Denn Gott steht doch für das Richtige, das Gut und das Gerechte.

Und ich würde meinen, Jesus bestreitet das nicht einmal, aber wie so oft erzählt er eine Geschichte. Eine Gegengeschichte, die eine neuen Horizont eröffnet. Jesus selbst ist ja Gottes Geschichte, in der Menschen vor einen neuen Horizont gestellt werden.

Vielleicht könnte man Jesu Gleichnisse auch als Frage verstehen, als Frage an die Pharisäer und Schriftgelehrten. Als Frage an die, die sich ernsthaft mit Religion und Glauben auseinandersetzen, die ernsthaft ihren Glauben leben und befolgen, als Frage an die Theologinnen und Theologen, die über Gott forschen und von Gott reden.
Wer ist euer Gott? Wie ist euer Gott? – Ist es das Prinzip, dass Gut und Böse, Schwarz und Weiß immer klar sind? Ist es die Idee, dass letztendlich nur Leistung zählt und Erfolg der Lohn und der Indikator der Tüchtigen und Fleißigen ist. Ist es der Gott, der Menschen mit Gaben ausstattet, die sie dann verantwortlich einsetzen und nutzen müssen?
Es scheint fast so, als ob Jesus mit dem Gleichnisse sagen will: All das, so überzeugend es scheint, so philosophisch anknüpfungsfähig es scheint, so sehr durch die Erfahrung bestätigt es ist, ist nicht der lebendige Gott. Es scheint fast so, als ob Jesus sagen will: Gott ist nicht Moral oder Vernunft oder das höchste Gut.

– Gott ist Freude. Gott ist Freude, weil Gott die Liebe ist. Und davon handeln doch eigentlich diese Gleichnisse. Sie setzen einen anderen Horizont.

Ok, gut, der Frau hätten wir es bestimmt gleichgetan. Einer der 10 Einhundert-Euro-Scheine aus dem Sparstrumpf zu Hause verloren, da fängt man schon zu suchen an.
Vielleicht hätten wir aber bei den Schafen schon überlegt? Ist die Gefahr nicht zu groß, dass man letztendlich ohne Herde dasteht, wenn man das eine verlorene Schaf sucht und die 99 anderen zurücklässt? 1% Verlust ist vielleicht etwas, dass man verschmerzen kann. Man kann sich ja auch über die 99 restlichen noch freuen bzw. darüber, dass – Gott sei Dank – nur ein Schaf sich verirrt hat. Selber dran schuld!

Ich glaube, so rechnen Vernunft und Moral und Verantwortung – so rechnen wir Menschen. Aber umso wichtiger, weil wir Menschen sind, die so rechnen und denken, sollen wir wissen und hören, dass Gott nicht so rechnet und denkt und handelt.
Die Liebe Gottes rechnet und denkt und handelt anders. Da ist einer genauso wichtig wie 10 oder sogar wie 99. Gerade für die Liebe ist der Eine, der verloren geht noch wichtiger als die 99 Starken.
Wir Menschen sollen hören, dass die Liebe Gottes nicht nur ein Prinzip, ein Ideal, eine schöne Idee ist, sondern, der Horizont, vor dem wir Menschen leben dürfen, wenn wir schon selbst nicht so rechnen und handeln und denken.

Aber ich glaube, irgendwie steckt auch uns diese Geschichte an. Irgendwie verändert sie den Blick auf unseren Nächsten, unsere Nächste. Irgendwie sprengt sie die Kategorien von Gut und Böse, Richtig und Falsch, die wir an andere Menschen anlegen. Und irgendwie zeigen sie uns, dass vielleicht nicht der Ist-Zustand das Entscheidende ist, sondern das was wird, was sich verändert. Nicht wie ein Mensch ist und war, sondern, das was werden wird, was sich an ihm und ihr ändern wird.

Ob davon der christliche Glaube handelt? Nicht das Menschen gut sind und gut sein müssen. Aber davon, dass Menschen ihren Sinn ändern dürfen, umkehren dürfen und neu anfangen können. Auch davon handelt der Glaube, dass Menschen manchmal scheitern, dass wir uns verrennen, manchmal sogar selbst verlieren.
Und vor allem davon handelt der Glaube, dass der lebendige Gott, auf der Suche nach uns ist, wenn wir uns verloren haben und dass Freude im Himmel ist, wo Menschen sich finden, wo Menschen einander finden, wo Menschen Glaube und Hoffnung und Frieden finden.

Ein letzter Aspekt der Gleichnisse ist noch wichtig. Ich glaube es ist kein Zufall, dass beide Findenden ihre Freude weitererzählen an die Freunde und die Freundinnen und Nachbarn und Nachbarinnen. Freude will anstecken und Freude steckt auch an.

Christliche Gemeinde, Kirche teilt die Freude Gottes über die, die verloren waren und gefunden sind und gewinnt selbst Freude am Suchen nach und vielleicht noch wichtiger mit den Verlorenen. 

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unser Herzen und Sinne in Jesus Christus, der uns – Gott sei Dank – von der Freude Gottes erzählt hat. Amen.

“Lied für den Feind” – Andacht zum Gemeindeabend am 17.06.

Lieber Feind in der Ferne, der du selbst keinen Krieg willst, der du nur deine Pflicht tust zur Erhaltung des Schreckens, bitte hör deinen Feind an. Wenn sie dir heute sagen: “Der da will dir ans Leben! Will dein Haus niederbrennen, deinen Garten vergiften, deine Heimat vernichten!” Glaub ihnen nicht. Glaub ihnen nicht. Glaub ihnen nicht, um Himmels Willen.

“Lied für den Feind”, Album “Live – Du hast es nur noch nicht probiert” – Gerhard Schöne (1988)

So lautet die erste Strophe aus dem “Lied für den Feind” von Gerhard Schöne. In seiner Andacht lässt unser V Simon dieses ganz für sich sprechen. Aber hört selbst:

Einladung zum Gnadenbund Gottes – Predigt vom Gottesdienst am 13.06.2021

Wochenspruch: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“ | Mt 11,28

Jesaja 55, 1-5 1Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst! Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch!
2Warum zählt ihr Geld dar für das, was kein Brot ist, und euren sauren Verdienst für das, was nicht satt macht?
Hört doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen und euch am Köstlichen laben. 3Neigt eure Ohren her und kommt her zu mir! Höret, so werdet ihr leben! Ich will mit euch einen ewigen Bund schließen, euch die beständigen Gnaden Davids zu geben.
4Siehe, ich habe ihn den Völkern zum Zeugen bestellt, zum Fürsten für sie und zum Gebieter. 5Siehe, du wirst Völker rufen, die du nicht kennst, und Völker, die dich nicht kennen, werden zu dir laufen um des Herrn willen, deines Gottes, und des Heiligen Israels, der dich herrlich gemacht hat.

Ich glaube man braucht ein wenig, um diese Stimme zu hören. So viele Stimmen hört man auf dem Marktplatz. Stimmen mit Dialekt und welche mit Akzent. Wir Deutschen lieben ja vielleicht eher die „stillen Märkte“. Über den Preis unterhält man sich nicht so gern, der steht ganz klein gedruckt auf einem Schild unter der Ware am Regal. Oder das Preisschild hängt im Kleidungsstück, schön versteckt und dezent.

Meist ist man überrascht! Waaas so billig? 60% Rabat, der arme aufopferungsvolle Verkäufer, ob der überhaupt noch etwas daran verdient? –  Vielleicht kann man ja gleich zwei oder drei der T-Shirts nehmen!
Oder umgekehrt: Waaas doch so teuer? Sieht ja wirklich toll aus! Ich sehe darin bestimmt toll aus! Wahrscheinlich ein unglaubliches Gefühl – oder doch nur eine Hose?!

Ganz anders auf diesem Markt und Ich glaube man braucht ein wenig um die Stimme zu hören inmitten all der anderen Marktschreier: „Kommt und kauft ohne Geld und umsonst …“ Der Rest geht unter im allgemeinen Lärm und Geschrei. Kaum noch zu hören gegen das: „Alles muss raus! Nur einen Euro das Stück oder 10 die ganze Stiege!“

Was für ein seltsamer Marktschreier! Viel hat er vielleicht nicht zu bieten – aber vielleicht ja genau das Richtige für mich! Für Dich?!
Er sitzt am Brunnen, mitten auf dem Markt, vor ihm ein Tisch, fast wie ein Esstisch. Eine Karaffe mit Wein steht darauf und ein Krug mit Milch. Daneben liegt ein großer Laib Brot. „Wohlan, alle die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst! Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch!
Habe ich mich verhört? Was ist das für ein seltsamer Händler? Kaufen ohne Geld? Wein und Milch umsonst?

Die anderen Händler scheinen ihn kaum zu beachten. Es scheint nur, als ob sie jedes Mal, wenn er ruft, nur noch lauter ihre Schnäppchen anbieten und sich gegenseitig über- bzw. unterbieten.

Mein Blick schweift über diesen Marktplatz. Überall drängen sich die Leute. Viele sind in Eile. Die meisten haben ganz schön zu schleppen an den schweren Tüten, die ihnen links und rechts die Arme lahm ziehen.
Manche kramen die letzten Münzen aus der Tasche für einen fast leeren Korb. Nur ein paar Stücke trockenen Kuchen von gestern, zum halben Preis. Die Kinder ziehen schon an der Jacke. Hunger! Wann geht’s endlich nach Hause?

2Warum zählt ihr Geld dar für das, was kein Brot ist, und euren sauren Verdienst für das, was nicht satt macht?, höre ich den Ruf des seltsamen Händler wieder an mein Ohr dringen!

Ja wie ist das eigentlich mit dem Kaufen und dem Geld; mit den Preisen und der Qualität der Produkte, denke ich so bei mir. Da kommt mir ein Interview mit dem Psychoanalytiker Erich Fromm in den Sinn. Er erzählte über seine Herkunft und dass sein Vater ein Kaufmann war. Er wäre lieber Rabbiner geworden und irgendwie schämte er sich, dass er sein Leben lebte um Geld zu verdienen. Was ist das eigentlich für ein Lebenssinn, leben um Geld zu verdienen?

Vielleicht geht es ja vielen so?

Auf der anderen Seite können wir uns ein Leben ohne Geld wohl kaum vorstellen! Wer weiß, ob wir das überhaupt wollen? Unser Wertesystem läuft ja fast ausschließlich übers Geld und seine Logik.
Das, was einen Wert hat, das kostet uns auch etwas und das, was nichts kostet, dass ist uns oft auch nichts wert, oder?
Auf der anderen Seite sind die Preise ja längst vom Wert der Dinge entkoppelt bzw. waren sie das vielleicht schon immer.
Entweder die Preise sind viel zu niedrig, weil wir die ganzen Neben- und Folgekosten raus- und somit schönrechnen.
Oder die Preise sind ganz schön hoch. Ich habe gehört die Prämien der Fußballspieler für den EM-Sieg betragen 400.000€ pro Spieler. Ganz zu schweigen von sogenannten Topmanagergehältern und Bankenrettungsmillarden. 

Es scheint fast so, als ob wir das Gefühl für die Preise etwas verloren haben. Dahinter steht ja vielleicht eine ebenso große Unsicherheit in Bezug auf die Werte? Was ist wirklich wertvoll? Welchen Wert haben die Dinge eigentlich wirklich?

Offensichtlich kann man mit allen möglichen Ständen und Waren Geld auf unseren Märkten verdienen. Da sind die Stände mit reinen Luxusartikeln, daneben gleich die, wo alles nur einen Euro kostet!
Man könnte meinen auf dem Markt kommen alle Menschen zusammen. Das ist ja das tolle an Märkten und Marktplätzen. Alle haben Zutritt. Ein Treffpunkt für alle. Doch bei genauerem Hinsehen, fällt dann doch auf, dass Betteln nicht erlaubt ist. Fällt auch auf, dass nur wenige an den Luxusständen zu finden sind, und sich die Vielen an den Billigständen drängen.
Ob die einen glücklicher als die anderen sind, lässt sich gar nicht genau sagen!

1Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser!, höre ich da auf einmal wieder diesen seltsamen Händler. Und es zieht mich seltsamerweise gerade zu seinem Stand. Kühles, reines Wasser. Frisches, duftendes Brot. Dazu Wein und Milch – das wär’s!

Satt werden, keinen brennenden Durst mehr haben, nach Zufriedenheit und Sinn im Leben, nach Aufmerksamkeit und Wertschätzung, nach Liebe und Nähe. Alles kaufen zu können – und das ohne Geld. Nicht alles, was ich im Augenblick will, aber alles, was ich zum Leben brauche!

Aber wird das reichen? „Wird man denn von dem Wenigen wirklich satt?“, höre ich einen jungen Mann ein paar Schritte vor mir den seltsamen Händler fragten. Und er antwortet. Sagt er es zu dem jungen Mann direkt oder auch zu den anderen die auf dem Markt stehen? Vielleicht auch zu Dir und zu mir?

Hört doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen und euch am Köstlichen laben.

Mmmh lecker, ja gutes Essen dafür bin ich immer zu haben. „Was mit Essen geht immer.“ (Wie ein geflügeltes Wort aus der ESG so schön sagt.)
Oder meint er etwa gar nicht nur gutes Essen, sondern das Gute essen? Dann würde er vielleicht meinen: Hört doch auf mich, so werdet ihr das Gute zu euch nehmen, so wird sich euer Herz am Köstlichen laben.
So oder so – nicht nur trocken Brot und Wasser – keine Tiefkühlpizza oder Hollandtomaten.
Sondern die unvorstellbare Fülle vom Guten und Köstlichkeiten bei diesem Händler.

3Neigt eure Ohren her und kommt her zu mir! Höret, so werdet ihr leben!

Ich steige an dieser Stelle aus, aus dem Bild, aus der Marktszene, in die uns der Autor dieses Abschnitts aus dem Jesajabuch mit seinem Text verstrickt.
Ich will die Vorzüge einer guten Wirtschaft gar nicht klein- oder schlechtreden. Es wäre auch gar nicht ehrlich für Menschen, die im reichen Teil der Erde leben. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass dieses Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst schon die ökonomische Logik durchkreuzt, zumindest hinterfragt. Sie vielleicht an ihren Auftrag und ihren Sinn erinnert.

(Deutero-)Jesaja träumt dieses Vision, indem er den Gott Israels als Marktschreier auf einem Markt auftreten lässt. Er träumt davon, dass Gottes Treuebund gerade mit denen besteht, die durch die Maschen der Gesellschaft und des Marktes durchrutschen. Ich will mit euch einen ewigen Bund schließen, euch die beständigen Gnaden Davids zu geben. Und zuletzt träumt er auch einen messianischen Traum der Erlösung, dass das weltweit wahr werden wird und es bleibt nicht allein ein Traum von Menschen, sondern erklingt als feste Verheißung Gottes:

4Siehe, ich habe ihn den Völkern zum Zeugen bestellt, zum Fürsten für sie und zum Gebieter. 5Siehe, du wirst Völker rufen, die du nicht kennst, und Völker, die dich nicht kennen, werden zu dir laufen um des Herrn willen, deines Gottes, und des Heiligen Israels, der dich herrlich gemacht hat. 

Bis es soweit ist und während wir dahin unterwegs sind, könnten auch wir als ESG, als christliche Gemeinschaft, als Teil des Volkes Gottes, ausprobieren, was das heißt – unter uns: 1Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst! Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.

“Feminismus” – eine Poetry Slam-Andacht zum Gemeindeabend am 10.06

Unsere V Lena hat den Gemeindeabend zu feministischer Bibellektüre mit einem sehr passenden Poetry Slam von Svenja Gräfen eingeleitet.

Im Text unter dem YouTube-Video heiß es: <“Girls just want to have FUN(-damental rights)” – Svenja Gräfen mit einer Geschichte über Revolution, Aufstand, über Gleichberechtigung, gegen Ressentiments, Frauenfeindlichkeit und Sexismus. Ein erfrischend ansteckender Text!>

Was sich hinter diesem Poetry Slam verbirgt, könnt ihr euch hier anhören und ansehen:

Fahrradtour-Rückblick

Der Himmel war blau, die Sonne schien, und ganz Leipzig lag am See und sonnte sich. Ganz Leipzig? Nein! Eine Gruppe unerschrockener Studierender schwang sich am Sonntag, dem 6. Juni, mittags in Stötteritz auf ihre Fahrräder, um gemeinsam das Leipziger Umland unsicher zu machen.

Das waren wir: Ungefähr fünfzehn ESLer*innen, die dieses Jahr statt einer Rüstzeit einen Sonntag unterwegs auf Feldwegen und Landstraßen miteinander verbrachten.

Nach einem kurzen Halt an der malerischen Bergkirche Beucha erreichten wir die Radfahrerkirche Erdmannshain. Dort flüchteten wir uns vor dem Regen in das Kircheninnere und feierten dort eine Andacht.

Danach verbrachten wir den Großteil des Nachmittags bei einem großen Picknick und jeder Menge mitgebrachter Getränke (danke, Simon!) vor der Kirche.

Bei einem Spiel konnten wir unter Beweis stellen, wie wenig Orte der bisherigen Wegstrecke wir auf einer Karte zuordnen konnten, und bekamen trotzdem alle Schokolade (danke, Philipp!). Eine schnelle Rückfahrt brachte uns zurück in die Stadt, wo wir den Abend bei einem Gottesdienst im ESG-Garten ausklingen ließen.

Nach einer so langen Zeit ohne große Aktivitäten in Präsenz war es wirklich schön, als Gruppe zusammen was erleben zu können. Danke an das ganze Vorbereitungsteam für den tollen Tag! – von Luise –

Weltfahrradtag & Bewahrung der Schöpfung – Andacht zum Gemeindeabend am 3.6.

Viel Spaß beim Lesen der Andacht unseres V Simon.

Heute ist Weltfahrradtag. Vielleicht habt ihr von den Aktionen gehört, die überall in der Stadt waren. Es wurden Pop-Up-Bikelanes eingerichtet, um Platz für das Rad zu schaffen.

Ich halte das Fahrrad für eine geniale Erfindung. Es ermöglicht es einem, schnell von A nach B zu kommen und das mit einer unschlagbaren Effizienz. Sogar Strecken über 100 km kann man damit zurücklegen und das an einem Tag. Und dabei hinterlässt man auch noch einen relative kleinen CO2- Fußabdruck. Ich habe mal für mich nachgeschaut: Mit der App SimRa habe ich 234 km zurückgelegt und 32,33 kg CO2 im Vergleich zu einem durchschnittlichen PKW eingespart. Auch in der Verkehrsplanung hat man das Fahrrad als Lösung für viele Probleme erkannt. Sei es das Platzproblem in der Stadt, körperliche Gesundheit oder Umweltschutz.

Wir befinden uns in einer Klima- und Biodiversitätskrise. Das muss ich niemandem mehr erklären. Das hat auch die Kirche erkannt. „Bewahrung der Schöpfung“ ist, glaube ich, einer der Markenkerne des christlichen Glaubens geworden. Interessanterweise taucht die Wortgruppe „Bewahrung der Schöpfung“ so gar nicht in der Bibel auf. Man muss schon zwischen den Zeilen lesen. In Genesis 2,12 heißt es „Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahre.“ Dieser kleine Satz ist heute so wichtig. Noch bemerkenswerter finde ich, dass dieser kleine Satz überhaupt dort steht. Für die Verfasser war Umweltschutz sicher nicht Problem Nummer Eins. An ökologische Krisen war nicht zu denken. Trotzdem scheint hier ein ökologisches Bewusstsein vorzuliegen, nach dem Motto: „Wir brauchen die Natur und dürfen sie nicht zerstören.“ Das erste Buch Mose entstand zwischen 1000 v. Chr. Und 400 v. Chr.. So ein aktueller Gedanke vor so lager Zeit!

Und wie sieht es heute aus mit der Bewahrung des Garten Eden? Nicht gut, würde ich sagen. Wir, die Menschheit, scheint auf dem besten Weg zu sein, ein weiteres Mal vom Garten Eden Abschied nehmen zu müssen. Aber so pessimistisch will ich gar nicht sein. Zwar hat Naschen vom Baum der Erkenntnis das letzte mal dafür gesorgt, dass wir aus dem Paradies geworfen wurde, aber jetzt kann die Erkenntnis uns helfen, das Paradies zu bewahren. Das Wissen über den Klimawandel ist da, mögliche Lösungen gibt es auch zahlreich. Was fehlt ist das Bewusstsein, dass es ein Problem gibt, aber auch das ändert sich gerade. Es gibt viele engagierte Menschen, die etwas bewegen. Und im kleinen könne das alle. Und sei es, das Auto immer mal stehen zu lassen und mit dem Fahrrad zu fahren.