Einladung zum Gnadenbund Gottes – Predigt vom Gottesdienst am 13.06.2021

Wochenspruch: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“ | Mt 11,28

Jesaja 55, 1-5 1Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst! Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch!
2Warum zählt ihr Geld dar für das, was kein Brot ist, und euren sauren Verdienst für das, was nicht satt macht?
Hört doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen und euch am Köstlichen laben. 3Neigt eure Ohren her und kommt her zu mir! Höret, so werdet ihr leben! Ich will mit euch einen ewigen Bund schließen, euch die beständigen Gnaden Davids zu geben.
4Siehe, ich habe ihn den Völkern zum Zeugen bestellt, zum Fürsten für sie und zum Gebieter. 5Siehe, du wirst Völker rufen, die du nicht kennst, und Völker, die dich nicht kennen, werden zu dir laufen um des Herrn willen, deines Gottes, und des Heiligen Israels, der dich herrlich gemacht hat.

Ich glaube man braucht ein wenig, um diese Stimme zu hören. So viele Stimmen hört man auf dem Marktplatz. Stimmen mit Dialekt und welche mit Akzent. Wir Deutschen lieben ja vielleicht eher die „stillen Märkte“. Über den Preis unterhält man sich nicht so gern, der steht ganz klein gedruckt auf einem Schild unter der Ware am Regal. Oder das Preisschild hängt im Kleidungsstück, schön versteckt und dezent.

Meist ist man überrascht! Waaas so billig? 60% Rabat, der arme aufopferungsvolle Verkäufer, ob der überhaupt noch etwas daran verdient? –  Vielleicht kann man ja gleich zwei oder drei der T-Shirts nehmen!
Oder umgekehrt: Waaas doch so teuer? Sieht ja wirklich toll aus! Ich sehe darin bestimmt toll aus! Wahrscheinlich ein unglaubliches Gefühl – oder doch nur eine Hose?!

Ganz anders auf diesem Markt und Ich glaube man braucht ein wenig um die Stimme zu hören inmitten all der anderen Marktschreier: „Kommt und kauft ohne Geld und umsonst …“ Der Rest geht unter im allgemeinen Lärm und Geschrei. Kaum noch zu hören gegen das: „Alles muss raus! Nur einen Euro das Stück oder 10 die ganze Stiege!“

Was für ein seltsamer Marktschreier! Viel hat er vielleicht nicht zu bieten – aber vielleicht ja genau das Richtige für mich! Für Dich?!
Er sitzt am Brunnen, mitten auf dem Markt, vor ihm ein Tisch, fast wie ein Esstisch. Eine Karaffe mit Wein steht darauf und ein Krug mit Milch. Daneben liegt ein großer Laib Brot. „Wohlan, alle die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst! Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch!
Habe ich mich verhört? Was ist das für ein seltsamer Händler? Kaufen ohne Geld? Wein und Milch umsonst?

Die anderen Händler scheinen ihn kaum zu beachten. Es scheint nur, als ob sie jedes Mal, wenn er ruft, nur noch lauter ihre Schnäppchen anbieten und sich gegenseitig über- bzw. unterbieten.

Mein Blick schweift über diesen Marktplatz. Überall drängen sich die Leute. Viele sind in Eile. Die meisten haben ganz schön zu schleppen an den schweren Tüten, die ihnen links und rechts die Arme lahm ziehen.
Manche kramen die letzten Münzen aus der Tasche für einen fast leeren Korb. Nur ein paar Stücke trockenen Kuchen von gestern, zum halben Preis. Die Kinder ziehen schon an der Jacke. Hunger! Wann geht’s endlich nach Hause?

2Warum zählt ihr Geld dar für das, was kein Brot ist, und euren sauren Verdienst für das, was nicht satt macht?, höre ich den Ruf des seltsamen Händler wieder an mein Ohr dringen!

Ja wie ist das eigentlich mit dem Kaufen und dem Geld; mit den Preisen und der Qualität der Produkte, denke ich so bei mir. Da kommt mir ein Interview mit dem Psychoanalytiker Erich Fromm in den Sinn. Er erzählte über seine Herkunft und dass sein Vater ein Kaufmann war. Er wäre lieber Rabbiner geworden und irgendwie schämte er sich, dass er sein Leben lebte um Geld zu verdienen. Was ist das eigentlich für ein Lebenssinn, leben um Geld zu verdienen?

Vielleicht geht es ja vielen so?

Auf der anderen Seite können wir uns ein Leben ohne Geld wohl kaum vorstellen! Wer weiß, ob wir das überhaupt wollen? Unser Wertesystem läuft ja fast ausschließlich übers Geld und seine Logik.
Das, was einen Wert hat, das kostet uns auch etwas und das, was nichts kostet, dass ist uns oft auch nichts wert, oder?
Auf der anderen Seite sind die Preise ja längst vom Wert der Dinge entkoppelt bzw. waren sie das vielleicht schon immer.
Entweder die Preise sind viel zu niedrig, weil wir die ganzen Neben- und Folgekosten raus- und somit schönrechnen.
Oder die Preise sind ganz schön hoch. Ich habe gehört die Prämien der Fußballspieler für den EM-Sieg betragen 400.000€ pro Spieler. Ganz zu schweigen von sogenannten Topmanagergehältern und Bankenrettungsmillarden. 

Es scheint fast so, als ob wir das Gefühl für die Preise etwas verloren haben. Dahinter steht ja vielleicht eine ebenso große Unsicherheit in Bezug auf die Werte? Was ist wirklich wertvoll? Welchen Wert haben die Dinge eigentlich wirklich?

Offensichtlich kann man mit allen möglichen Ständen und Waren Geld auf unseren Märkten verdienen. Da sind die Stände mit reinen Luxusartikeln, daneben gleich die, wo alles nur einen Euro kostet!
Man könnte meinen auf dem Markt kommen alle Menschen zusammen. Das ist ja das tolle an Märkten und Marktplätzen. Alle haben Zutritt. Ein Treffpunkt für alle. Doch bei genauerem Hinsehen, fällt dann doch auf, dass Betteln nicht erlaubt ist. Fällt auch auf, dass nur wenige an den Luxusständen zu finden sind, und sich die Vielen an den Billigständen drängen.
Ob die einen glücklicher als die anderen sind, lässt sich gar nicht genau sagen!

1Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser!, höre ich da auf einmal wieder diesen seltsamen Händler. Und es zieht mich seltsamerweise gerade zu seinem Stand. Kühles, reines Wasser. Frisches, duftendes Brot. Dazu Wein und Milch – das wär’s!

Satt werden, keinen brennenden Durst mehr haben, nach Zufriedenheit und Sinn im Leben, nach Aufmerksamkeit und Wertschätzung, nach Liebe und Nähe. Alles kaufen zu können – und das ohne Geld. Nicht alles, was ich im Augenblick will, aber alles, was ich zum Leben brauche!

Aber wird das reichen? „Wird man denn von dem Wenigen wirklich satt?“, höre ich einen jungen Mann ein paar Schritte vor mir den seltsamen Händler fragten. Und er antwortet. Sagt er es zu dem jungen Mann direkt oder auch zu den anderen die auf dem Markt stehen? Vielleicht auch zu Dir und zu mir?

Hört doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen und euch am Köstlichen laben.

Mmmh lecker, ja gutes Essen dafür bin ich immer zu haben. „Was mit Essen geht immer.“ (Wie ein geflügeltes Wort aus der ESG so schön sagt.)
Oder meint er etwa gar nicht nur gutes Essen, sondern das Gute essen? Dann würde er vielleicht meinen: Hört doch auf mich, so werdet ihr das Gute zu euch nehmen, so wird sich euer Herz am Köstlichen laben.
So oder so – nicht nur trocken Brot und Wasser – keine Tiefkühlpizza oder Hollandtomaten.
Sondern die unvorstellbare Fülle vom Guten und Köstlichkeiten bei diesem Händler.

3Neigt eure Ohren her und kommt her zu mir! Höret, so werdet ihr leben!

Ich steige an dieser Stelle aus, aus dem Bild, aus der Marktszene, in die uns der Autor dieses Abschnitts aus dem Jesajabuch mit seinem Text verstrickt.
Ich will die Vorzüge einer guten Wirtschaft gar nicht klein- oder schlechtreden. Es wäre auch gar nicht ehrlich für Menschen, die im reichen Teil der Erde leben. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass dieses Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst schon die ökonomische Logik durchkreuzt, zumindest hinterfragt. Sie vielleicht an ihren Auftrag und ihren Sinn erinnert.

(Deutero-)Jesaja träumt dieses Vision, indem er den Gott Israels als Marktschreier auf einem Markt auftreten lässt. Er träumt davon, dass Gottes Treuebund gerade mit denen besteht, die durch die Maschen der Gesellschaft und des Marktes durchrutschen. Ich will mit euch einen ewigen Bund schließen, euch die beständigen Gnaden Davids zu geben. Und zuletzt träumt er auch einen messianischen Traum der Erlösung, dass das weltweit wahr werden wird und es bleibt nicht allein ein Traum von Menschen, sondern erklingt als feste Verheißung Gottes:

4Siehe, ich habe ihn den Völkern zum Zeugen bestellt, zum Fürsten für sie und zum Gebieter. 5Siehe, du wirst Völker rufen, die du nicht kennst, und Völker, die dich nicht kennen, werden zu dir laufen um des Herrn willen, deines Gottes, und des Heiligen Israels, der dich herrlich gemacht hat. 

Bis es soweit ist und während wir dahin unterwegs sind, könnten auch wir als ESG, als christliche Gemeinschaft, als Teil des Volkes Gottes, ausprobieren, was das heißt – unter uns: 1Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst! Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.

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