Bleibet hier – Nachtgebet am Gründonnerstag

Ein Garten im Dunkeln. Ich stelle mir vor, dass es recht kühl gewesen sein wird an diesem Abend. Und die Menschen, auf die er sich verlässt? Von denen muss er sich verlassen gefühlt haben. Dunkel. Kühl. Einsam. Welch ein Kontrast: Eben noch die große Tischgemeinschaft, jetzt alleine in der Dunkelheit und mit der Angst.
Was Stunden zurück liegt, fühlt sich an, wie seit Jahren vergangen.


Ich denke, in diesem Jahr können wir alle ein wenig erahnen, wie es Jesus und den Jüngern in dieser Situation ergangen sein muss. Unser Alltag, unsere Tischgemeinschaft, wie wir sie beispielsweise in der ESG hatten, all das ist von einem Tag auf den anderen umgekrempelt. Vereinzelt macht die Angst sich breit: Wie geht es weiter? Wird es wirklich so schlimm? Manch einer von euch, der mit Medizin und Pflege zu tun hat, mag sich in den letzten Wochen mit bangem Blick nach Italien gedacht haben: Lass diesen Kelch an uns vorübergehen!

 

Jesus scheint mit sich zu ringen: Die eigene körperliche Kraft reicht nicht mehr. Seine Jünger sind zu schwach, um ihm noch beizustehen, und das härteste steht noch bevor. “Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach”.

Auch dies liest sich ähnlich wie die aktuelle Nachrichtenlage. Bei allem Willen, die Schwächten der Gesellschaft zu stärken und zu schützen, stehen die Grenzen, die uns der Rahmen an Helfern und Ausrüstung setzt, nur zu deutlich vor Augen.

In dieser Stunde scheint alle Hoffnung vergessen, die in Jesus als Messias gesetzt wurde. Doch blickt man zurück, steht dort die Ankündigung einer Auferstehung, die in eine besser Zukunft führt.

Blickt man zurück, findet man das Verständnis von Gerechtigkeit, von Nächstenliebe und Feindesliebe, das Jesus immer wieder anmahnte, und das sein Reich auszeichnen soll.

In dieser Zeit brauchen wir aber genau diese Hoffnug, von der Jesus sein ganzes Leben und Sterben hindurch erzählt. Die Hoffnung, die uns nach dem Reich Gottes in dieser Welt streben lässt, schlägt sich nieder in all den selbstlosen Angeboten der Nachbarschaftshilfe, die im Moment in unserer Umgebung entstehen, wo sie nötig sind.

Diese Hoffnung stimmt mich persönlich optimistisch, dass das, was wir gerade erleben, enden wird, das es eine neue Tischgemeinschaft geben wird .

Blicken wir zurück, erinnern wir uns, dass wir als Christen zusammen mit vielen anderen Menschen Gerechtigkeit, Frieden, die Bewahrung der Schöpfung einfordern.

So wie Jesus sich sicher war, durch den Tod den Weg ins Reich Gottes zu bereiten, lasst uns mit Zuversicht in diese Zeit gehen: Lasst uns zurück blicken, was für uns zum Reich Gottes in dieser Welt gehört, und lasst uns den Neuanfang, der jetzt bevorsteht, nutzen, diesem Reich näher zu kommen.

“Bleibet hier und wachet mit mir!” Lasst uns uns diesen Aufruf in Gegenrichtung zu Eigen machen:

Im Vertrauen darauf, dass DU Gott mit uns wachst, mach uns wach, den Nächsten zu sehen, wo er in dieser dunklen Zeit unsere Hilfe braucht.

Mach alle die wach, die Entscheidungen für uns treffen müssen in dieser Zeit, dass sie Öl haben, wenn der Bräutigam erscheint, und nicht später vor verschlossener Tür stehen.

Mach sie wach, Leid und Ungerechtigkeit in der Gesellschaft zu sehen, und in diesem Neuanfang die Chance zu erkennen, Gerechtigkeit gegenüber Mensch und Natur zu stärken.

AMEN

Nachtgebet von Jakob und einem spontanen Ensemble aus Markus, Jakob, Simon H. Elisabeth und Johanna B.

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